Projekt Langlebigkeit: Optimale Kälber- und Rinderaufzucht

Gut versorgte Tiere leben länger und leisten mehr

Für das Projekt Langlebigkeit im Milchviehbereich sind viele Faktoren von Bedeutung. Neben der Kolostrum-Versorgung des Kalbs (AGRAVIS Aktuell-Ausgabe 2/2019) sollte der Tierhalter auch auf eine möglichst optimale Kälber- und Rinderaufzucht achten, um den Grundstein für zum Beispiel eine Lebtagsleistung von durchschnittlich über 18 Litern pro Tag bei einer Holstein-Kuh zu legen.

Tägliche Zunahmen kontrollieren

Wenn das Kalb den sehr anstrengenden ersten Teil seines Lebens gemeistert hat, sollte es optimal mit Kolostrum versorgt sein und sich in einer sauberen Umgebung befinden. Worauf ist nun zu achten? Ein Kalb sollte bei der Aufzucht von der Geburt bis zum Absetzen tägliche Zunahmen von 950 bis 1050 Gramm bei einer ad libitum-Tränke erreichen. Bei einer restriktiven Fütterung sollten 850 bis 900 Gramm erreicht werden. Wenn keine Tierwaage zur Verfügung steht, können die Tiergewichte mit einem Maßband geschätzt werden.

Tränkeregime

Die hohen täglichen Zunahmen sind sehr wichtig, weil beispielsweise nur zu dieser frühen Zeit der Körper in die Ausbildung des Euters investiert. Eine optimale Versorgung ist deshalb unabdingbar für die spätere Milchproduktion. Intensiv aufgezogene Kälber geben in der ersten Laktation ca. 500 bis 1400 Liter mehr an Milch im Vergleich zu nicht intensiv aufgezogenen Kälbern. Jedes Tränkeregime hat seine Vorteile, aber auch seine Nachteile. Es muss immer an den Betrieb angepasst werden. Bei der Entscheidung kann der AGRAVIS-Berater oder der Hoftierarzt ein wertvoller Ansprechpartner sein.

Wasserversorgung

Kälber müssen grundsätzlich Zugang zu frischem, sauberem Wasser haben. Bei Hitzeperioden im Sommer ist der zusätzliche Wasserbedarf nicht zu unterschätzen. Bei einer Kälberhaltung im Iglu sollte eine zusätzliche Beschattung der Hütten vorgenommen werden.

Umstellung auf Futter

Schließlich sollen die Kälber auf Kälberfutter umgestellt werden. Dabei sollte der Landwirt folgende Faustregel beachten: Ein Kalb sollte erst dann von der Milch abgesetzt werden, wenn es über drei Tage hintereinander je ein Kilogramm an Konzentratfutter (Kälberkraftfutter) aufnimmt. Unbedingt zu beachten ist, dass die Kälber vorsichtig auf eine Silageration (z. B. Kuh-TMR) umgestellt werden, da Silagen für die noch sehr jungen Kälber aus unterschiedlichen Gründen (z. B. pH-Wert) schwer zu verdauen sind.

Moderate oder intensive Aufzucht

Bis zum siebten Monat sollten die Jungtiere intensiv aufgezogen werden, anschließend eher moderat, damit sie nicht verfetten. Das Ziel sollte sein, die Tiere mit 13 bis 15 Lebensmonaten mit einem Gewicht von 380 bis 400 Kilogramm (Rasse Holstein sbt/rbt) zu belegen. Erfahrungsgemäß werden die Tiere sehr oft viel zu spät belegt, da sie in ihrem Gewicht häufig unterschätzt werden. Eine Färse, die mit 27 Monaten das erste Mal kalbt, kostet im Vergleich zu einer Färse, die mit 24 Monaten kalbt, ca. 180 Euro mehr in der Vollkostenrechnung.

Zu frühe Belegungen vermeiden

Aber auch eine zu frühe Belegung unter 13 Monaten ist nicht empfehlenswert, da sich die Rinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht weit genug entwickelt haben. Bei einer Belegung der Tiere zwischen dem 13. und 15. Lebensmonat wäre das Alter zur ersten Abkalbung dementsprechend höchstens 22 Monate mit einem Gewicht von 630 bis 650 Kilogramm. Forschungen geben Hinweise darauf, dass Tiere, die so aufgezogen und belegt werden, nachhaltig gesünder sind und damit auch älter werden können, sofern sie weiterhin gut gehalten und gefüttert werden. Ganz nebenbei reduziert man im Betrieb die Kosten für die Aufzucht der Färsen.

Fazit

Das Schöne an Milchkühen ist die Tatsache, dass ihre Leistung und ihr Alter von der Versorgung abhängig ist und damit beeinflussbar ist: Je besser wir sie versorgen, desto älter werden sie und umso höher ist die Leistung. Es ist eine klassische „Win-Win“-Situation für Tier und Landwirt.

Weitere Infos gibt es bei Tierarzt Dr. Bernhard Lingemann, Telefon 0251 . 682-2286, bernhard.lingemann@agravis.de oder unter www.projekt-langlebigkeit.de.

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